Monat: Mai 2016

Dankbarkeit.

Wie oft beschweren wir uns am Tag? Warum scheint es uns leichter zu fallen, zu kritisieren als zu loben? Warum denken wir selten an das was wir haben, aber immer an das, was uns fehlt? So ergeht es mir. Oft. Sehr oft. In vielen meiner Artikel beschwere ich mich. Klage an. Lasse mich aus. Kritisiere. Mache mich lustig. Beanstande. Nörgle. Belächle. Zweifel an – und das aus gutem Grund. Oft führe ich kämpfe mit Krankenkassen, laufe Anträgen und Gutachten hinterher und ärgere mich. Kritik zu äußern fällt mir persönlich leichter, als ein Lob auszusprechen. Warum? Keine Ahnung! Vor ein paar Tagen ist mir ganz unbewusst bewusst geworden, wie reich beschenkt Evan und ich sind und eine unendliche Dankbarkeit überkam mich. Einige Menschen könnten und würden jetzt fragen, wofür ich denn dankbar bin. „Du hast doch schließlich ein behindertes Kind?! Ach ja und alleinerziehend bist Du auch noch!“ Aber wissen Sie was? Ich bin unendlich dankbar. Dankbar – damit meine ich weniger materielle Besitztümer (von denen ich sowieso nicht viel besitze) sondern eher unbezahlbare Güter wie Freundschaften, innere Zufriedenheit, Ausgeglichenheit, …

Lang, lang ist es her. Genau 4, 5 Jahre. Das Bild ist an Evans „Survival Party“ nach seiner zweiten schweren Herzoperation entstanden. Freunde und Familie haben ihre Wünsche für Evan dort verewigen können. „Die Welt ist reich mit Evan“. Wie schön. Wie wahr.

Nichts als die Wahrheit.

Nichts als die Wahrheit. Oder lieber nicht? Darf man heutzutage noch ehrlich sein? Hallo. Wie geht es Dir? Ich bin vollkommen erschöpft, mental und körperlich. Oh, wie schön. Das freut mich. Danke, mir gehts auch gut. Bis dann. Äh? Okay… Danke. Gerne. Bis dann. Wie geht es Dir? Eine Frage. Im heutigen Gebrauch wohl eher eine Floskel, auf die kaum jemand eine ehrliche Antwort erwartet und hören möchte. Oft wird diese Frage wie ein kurzes „Hallo“ in den Raum geworfen. Das „Danke, sehr gut“ schon nicht mehr abgewartet und mit einem „Danke, mir auch“ beantwortet. Früher habe ich bei dieser Frage immer mein „Mir-geht-es-gut (sehr-gut)-Gesicht“ aufgesetzt. Egal wie scheiße ich aussah und wie abstrus dieses „Mir-geht-es-gut-Gesicht“ zu meinem restlichen Erscheinungsbild gepasst hat. „Wow, ihr geht es gut und sie sieht richtig scheiße aus. Wie schafft sie das bloß?“ (Ehrlich? Das frage ich mich wirklich sehr oft). Ich habe geantwortet, wie die meisten Menschen es von mir erwartet haben. Ich es vielleicht selber von mir erwartet habe. Liebende Mutter, strukturierte Organisatorin, gründliche Putzfrau, zuverlässige Therapeutin und dazu …

3. Artikel für Philip Julius e.V.

Evan sieht man seine Behinderung nicht an. Und das ist auch gut so. Oder? Das Thema der „Klassenbehinderung“ geht mir persönlich sehr nahe, da wir täglich betroffen sind. Was sind Eure Erfahrungen? Die Klassengesellschaft der Behinderung ist das Thema, mit dem sich Marcella Becker in der aktuellen Ausgabe von „Anders und doch normal“ beschäftigt…. und ein Plädoyer hält für eine Gesellschaft ohne Schubladen… Bitte hier klicken, um den Artikel zu lesen. 

Ich habe weder ein Muttertags-Frühstück noch Blumen bekommen. Aber wisst ihr was? Das ist gar nicht schlimm. Auch wenn mein kleiner Michel nicht „Alles Liebe zum Muttertag“ sagen kann, weiß ich, dass er mich lieb hat. Ich feiere mein „Muttersein“ jeden Tag (klappt an manchen Tagen besser und an anderen etwas weniger). Ein Hoch auf alle Michels, Pippis und Karlssons dieser Welt.

Hauptsache gesund.

Blond oder dunkel? Junge oder Mädchen? Egal, Hauptsache gesund. Genau, Hauptsache gesund! Feindiagnostik, Fruchtwasseruntersuchungen, Bluttests – die Möglichkeiten ein gesundes Kind zu bekommen steigen. Hauptsache gesund. Eine Floskel. Eine Feststellung. Eine Selbstverständlichkeit. Wir leben in einem Optimierungszeitalter und einer Leistungsgesellschaft. Heutzutage ist das Streben nach dem Glück und nach dem Optimum allgegenwärtig. Wir optimieren unser Aussehen, unsere Beziehungen. Besuchen Seminare, um unser Leben zu optimieren. Es gibt etliche Anleitungen und Ratgeber für ein erfolgreiches, glückliches und unbeschwertes Leben (einige von Ihnen habe ich sogar zu Hause – allerdings noch ungelesen, vielleicht sollte ich das mal ändern). Wusstest Du denn nicht vorher, dass Dein Sohn krank ist? Doch, das wusste ich. Hauptsache gesund? Hauptsache lebendig, war unsere Devise. Für mich gab es nie eine andere Alternative als mich bewusst für Evan zu entscheiden. Es wäre gelogen zu behaupten, dass ich mir vor 5 Jahren kein gesundes Kind gewünscht hätte. Damals hatte ich nicht den geringsten Zweifel, dass mein Kind nicht gesund sein könnte. Hauptsache gesund, das wird einem von klein auf mitgegeben, also warum sollte ich kein gesundes Kind bekommen? Hauptsache gesund. Woher …

Erzähl doch mal… Marcella.

Unser „Erzähl doch mal…“ Interview ist online. Vielen Dank lieber Philip Julius e.V.! Abtreibung. Mit diesem Rat hat Marcella (33) vor fast 6 Jahren die Praxis ihres Arztes und später auch das Krankenhaus in Brüssel, ihrem damaligen Arbeits- und Wohnort, verlassen. Ihrem Sohn Evan wurde aufgrund eines schweren Herzfehlers eine gerade einmal 5%-ige Überlebenschance eingeräumt. Marcella entschied sich gegen die Abtreibung. Nach Evans Geburt hat sie ihr Leben komplett neu geordnet. Heute leben die beiden – sehr glücklich – in einem kleinen Ort nahe Bremen, doch die Diagnosen HLHS und Frühkindlicher Autismus bestimmen nach wie vor ihren Alltag. Die Rubrik „Erzähl doch mal…!“ erscheint monatlich auf unserer Homepage und stellt jeweils eine Familie mit einem besonderen Kind vor. Hier werden individuelle Geschichten erzählt und Wünsche und Ziele geteilt, die alle in erster Linie eines tun sollen, nämlich Mut machen. Zum Weiterlesen bitte hier klicken.